Hören Sie auf mit Themenwegen!

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09.07.2021 • Wanderpapa

Hören Sie auf mit Themenwegen!

Liebe Tourismusverantwortliche

Ich bitte Sie höflichst: Werden Sie kreativ und begnügen Sie sich nicht mit Themenwegen!

Diese Wege sind ja nicht grundsätzlich schlecht, aber langsam gibt es mir zu viele davon. Sie gaukeln den Eltern vor, dass Wandern mit Kindern auf Themenwegen einfacher sei als auf den normalen Wanderwegen. Ein Irrtum.

Vor einiger Zeit sind wir auf den Spuren von Sabi zum Morteratschgletscher gewandert. Haben zuvor ein Pixibüchlein erhalten, das ich den Kindern am Vorabend brav erzählt habe. Auf der Wanderung konnten sie dann sechs Mal mit einer Art OL-Stempel einen Buchstaben in die Seiten des Büchleins stanzen, um dann später mit dem Lösungswort auf dem Tourismusbüro Gummibärchen und ein Handtüchlein abzuholen.

Soweit, so gut. ABER: Den Kindern wurde es nach einer Viertelstunde schon langweilig. Und das passierte uns nicht zum ersten Mal auf einem Themenweg. Die Kinder fragten mich, ob sie sich durch das Bachbett ihren eigenen Weg suchen dürften anstatt dem breiten, schnurgeraden Weg übers Gletschervorfeld folgen zu müssen.

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Klick um Klick um Klick: Wandern mit künstlicher Motivation kann funktionieren.

Achtung Bespassung!

Nun will ich nicht auf den Engadinern rumhacken, ich vermute gar, ihr Themenweg wird oft begangen, denn der Weg ist gut unterhalten und umsorgt – das allein ist nicht selbstverständlich, zu viele dieser Wege sind veraltet und verbraucht. Gäste, die nur mal schnell etwas mit ihren Kindern machen wollen, sind froh um Hilfe, wo sie hingehen sollen. Und sie sind dann wohl auch eher bereit, ihre unmotivierten Kinder mitzuschleppen.

Schliesslich haben manche Themenwege gar ein wichtiges Ziel: Sie weisen den Wandernden den Weg, damit sie nicht überall herumtrampeln – im geschützten Moor zum Beispiel.

Ich für meinen Teil mache mit meinen Kindern lieber Wanderungen, die diese wirklich interessieren: auf schmalen Weglein, die sich durch die Berge schlängeln. Vorbei am Bächlein, am Kraxelfelsen, an der blühenden Wiese. An solchen Stellen bin ich bereit, den Kindern viel Zeit lassen, damit sie sich entfalten können, selbst aktiv werden, Ideen entwickeln. Wenn ich es ihnen zutraue, dann können sie es auch, da bin ich überzeugt.

Ja, vielleicht ist es den Kindern zuerst eine Zeitlang langweilig, dann werden sie sich ziemlich sicher darüber auch beschweren. Sollen sie, wir haben das als Kinder auch getan. Dann müssen wir Eltern Nerven zeigen und die Verantwortung für das Glück der Kinder an ebendiese zurückweisen. Damit sie gezwungen sind, selbst aktiv zu werden.

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    Ein lustiger Posten des Themenwegs Flumserberg: Klopfen auf einer Seite des Baumstamms, auf der anderen Seite hört man es.

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    Ein Themenwanderweg, der bei uns funktioniert hat: Der Kugelweg in Hasliberg.

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    Vorbereitung auf dem Steinbockweg in Pontresina: Später beeindrucken die Tiere aus der Nähe.

    Die Eltern unterstützen, Helden zu werden

    Wandern wir auf Themenwegen, nehmen Sie, liebe Tourismusdirektorinnen und -direktoren, den Kindern die Chance weg, selbst kreativ zu werden. Sie signalisieren den Kindern, dass sie unterhalten, bespasst werden. Die Kinder finden den Themenweg dann im besten Fall toll (siehe Beispiele in der Diashow oben), in allen anderen Fällen geraten sie in eine Konsumstimmung. Und bald fangen sie an zu meckern, wandern sei langweilig. Ich kann sie verstehen.

    Was tun also? Sie könnten Blufferzettel für Ihre Wanderungen schreiben. Für die Eltern natürlich. Darauf steht spannendes und lustiges Hintergrundwissen, das Mama und Papa unterwegs ihren Kindern erzählen können. Die Kinder lernen von ihren Eltern sicher mehr als von Hinweistafeln in der Natur. Und Sie helfen erst noch den Eltern, vor ihren Kindern authentisch zu sein. Ein Kind, das seine Eltern bewundert wegen ihres Wissens, ist ein wichtiger Schritt hin zu motivierten Wanderkindern.

    Es würde mich freuen, wenn Sie, liebe Tourismusverantwortliche, sich mein Anliegen überlegen. Vielleicht haben Sie ja eine noch viel bessere Idee? Ich bin der Erste, der davon erfahren möchte.

    Herzlichst, Ihr Wanderpapa

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    Ein Blufferzettel über Gottesanbeterinnen (aus meinem Buch „Wanderpapa. Familiengeschichten vom Wanderweg“)

    Wanderpapa

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