Im vergangenen Herbst streifte ich an einem Wochenende abseits der Wege durch den Wald und raschelte durch das kalte Laub, kletterte über tote Äste und bahnte mir einen Weg durch Brombeerranken. Es war zu trocken für Pilze. Jedes Jahr fällt es mir schwer, mich ganz auf den Herbst einzulassen und mich langsam auf den Winter vorzubereiten. Oft fühlt sich diese Zwischenzeit an wie ein dauerndes Verabschieden: Die Bäume werfen ihr Laub ab, Pflanzen im Garten gehen ein, Vögel ziehen weiter, draussen sein wird anstrengender. Mit dem Herbst wird auch die Landschaft brüchig; wenn sie welkt, scheint sie fragiler, vielleicht ist sie tatsächlich verletzlicher.
Während es kälter wird, vergesse ich ausserdem manchmal, dass unser Planet eigentlich fiebert. Am Wochenende im Wald überkam mich damals eine Welle Mitgefühl und ich hielt kurz inne. In meinem allerersten Text in diesem Magazin brachte ich Wandern mit Self Care in Verbindung: Jetzt löste das Wandern ein dringendes Bedürfnis aus, mich nicht um mich, sondern um alles rund um mich zu kümmern. Was für eine Überforderung. Ich atmete tief durch und rief mir in Erinnerung, dass ich mit dem Kümmern ja bereits begonnen habe. «Caring about» ist ein Teil von Care – also nicht gleichgültig zu bleiben, sondern sich Sorgen zu machen.
Kürzlich habe ich einem Gespräch mit dem Autor Robert Macfarlane zugehört, er bezeichnet Flüsse als Lebewesen und listet sie als Co-Autoren seines neuen Buchs. Macfarlane ist ein Vertreter des «Nature Writing»; bei dieser Art zu schreiben geht es darum, die Natur mit Worten abzutasten. Sich Zeit zu lassen, um zu beschreiben, und dabei behutsam zu sein, ist auch eine Form von Fürsorge. Mir gefällt auch die Vorstellung, die Landschaft als Kommunikationspartnerin wahrzunehmen. Schliesslich wissen wir längst, wie Flussläufe, Wolken oder Böden zu lesen sind.
An diesem Wochenende raschelte ich weiter durch den Wald, hörte zu und nahm mir fest vor, fürsorglich zu bleiben.